Der letzte Mittwoch und heute waren wohl die letzten entscheidenden Tage die noch gefehlt haben, dass ich mich wirklich so fühle als wäre ich endlich angekommen.
Am Mittwoch kam meine eigene private AFS-Ansprechpartnerin, die mir zugeteilt wurde, zu mir nach Hause und wir haben uns zusammen mit meiner Gastmutter und einem anderen AFS-Mitarbeiter der mitgekommen ist über die letzten Wochen unterhalten. Es ging über alles, was sich bisher in meinem Leben verändert hat. Schule, Umgebung, Freunde, Familie, Haushalt, Essen und vieles mehr. Und als wir da so saßen und ich zu jeder Frage eigentlich nur „ja, sehr gut“ oder „alles toll“ antworten konnte, viel mir auf, dass ich nichts zu beklagen hatte. Ich fand alles hier toll und konnte an keiner Sache etwas negatives finden. Ich bemerkte das erste Mal wie wohl ich mich hier wirklich fühle. Natürlich gibt es Sachen, die ich vermisse, mal abgesehen von meiner Familie und meinen Freunden. Z.B. ein Fenster. In meinem Zimmer und auch in den anderen Schlafzimmern, gibt es keine einziges Fenster, außer an der Decke, damit ein bisschen Luft hineinströmen kann. Ich vermisse es aus einem Fester in die Natur oder einfach nur nach Draußen sehen zu können. Ich vermisse Tee und gutes deutsches Vollkornbrot. Aber daran kann ich mich für ein Jahr dran gewöhnen. Und außer diesen paar Kleinigkeiten finde ich es wirklich toll hier.
Heute war ich das erste Mal beim TaeKwonDo-Training und es hat mir unglaublich viel Spaß gemacht. Ich habe den Sport vermisst und habe mich heute wirklich angestrengt. Ich habe endlich gemerkt, dass es der Sport für mich ist. Ich liebe es einfach. Alle dort waren sehr nett und wir haben uns kurz zusammen unterhalten. Woher ich bin, ob ich in Deutschland auch TaeKwonDo gemacht habe, welchen Gürtel ich habe, wo ich Spanisch sprechen gelernt habe, wo ich hier wohne, wie lange ich bleibe, auf welche Schule ich hier gehe etc. Sie waren alle sehr freundlich und haben sich gefreut, wenn ich mit ihnen geredet habe. Das Training dauert hier leider nur 1 Stunde, die aber komplett ausreichend war. Erst kurze Aufwärmung, dann kurze Rennübungen und dann nur noch Pratschentraining. Ich habe mich gefragt ob das jetzt jedes Training so geht, aber mein neuer Trainer meinte, dass sie auch viel Poomsaentraining machen. Darauf freue ich mich schon, auch um zu sehen wie gut die hier so sind.
Meine eine Gastschwester hatte mich zum Fitnessstudio gebracht und dort auf mich gewartet. Auf dem nach Hause weg ist mir aufgefallen, wie gut ich mich mit ihr unterhalten konnte. Noch nicht über tiefgreifende Themen, aber jede Frage und Antwort ging mir flüssig über die Lippen. WIr redeten den ganzen Weg nach Hause und es macht mir wirklich Spaß zu reden. Als wir dann zu Hause waren und ein paar Freunde oder Verwandte (ich bekomm das nicht auf die Reihe mit allen Freunden und Verwandten, die ich anscheinend bereits kennengelernt habe) zu Besuch waren und die eine sagte, wie gut ich schon alles verstehen würde, war ich komplett glücklich. Mir ist aufgefallen, dass es mir sehr gefällt auf Spanisch zu reden und dass mir alles schon viel leichter fällt. Außerdem fange ich an mir typische Wörter anzugewöhnen, die hier üblich sind. „Chau“(bzw. Tschau), benutz man hier immer für Tschüs, statt „adiós“; „Adiós“ benutzt man für Fremde oder Leute denen man häufiger auf der Straße begegnet um sie zu Grüßen; „Diay“ sagt man um Hallo zu sagen; “ Mae“ ist eher für Jugendliche und bedeutet sowas wie „Hey Kumpel“ oder „Hey Alter; „Plata“ bedeutet hier Geld; hier sagt man „vos“ statt „tú“ (du). Es gibt noch weitere übliche Redewendungen, aber die muss ich erst heraushören, verstehen und mir angewöhnen.
Als letztes möchte ich erwähnen, dass ich das erste Mal gedacht habe: „Ich will hier nie wieder weg!“